Immer im Takt bleiben


Beitragsbild Felix Polinski: Junge mit Kopfhörern

Musik an, Welt aus.

„Schlaf dich mal ordentlich aus!“ Diesen Ratschlag höre ich nahezu täglich. Ich empfinde ihn jedoch als extrem überflüssig. Denn ein erholsamer Schlaf ist zurzeit wirklich Mangelware. Am Schlimmsten ist aber das Morgentief, welches bei mir eher bis zum Mittag anhält.Es begleitet mich eigentlich schon mein ganzes Leben und irgendwie ist es für mich zu einer nervigen kleinen Schwester, meiner noch nervigeren großen Schwester „Depression“ geworden. Die dringende Erholung, die mir in der Nacht fehlt, wird morgens zwangsweise von meinem Körper nachgeholt. Die zahlreichen Ängste, die mich begleiten, rauben mir dann die Kraft, überhaupt aufzustehen. Ich hoffe wirklich, dass sich das nun ändert. Heute ist meine erste Therapiestunde, bei der Musik verwendet wird, um mich glücklicher und lebendiger zu machen.

Feature Text: Felix Polinski  

Ohne die Kraft der Musik, würde Paul wahrscheinlich keinen Sinn mehr in seinem Leben sehen. Vor zwei Jahren wurden bei ihm schwere Depressionen diagnostiziert. Insbesondere die Schlafstörungen waren das ausgeprägteste Symptom seiner Krankheit. Seit einiger Zeit wird er jedoch mit Musiktherapie behandelt – mit großem Erfolg.

Der Grund dafür sind die vielen Eigenschaften der Musik. Sie wird uns nie verurteilen oder versuchen uns runterzukriegen. Sie erlaubt uns, zu sein, was immer wir sein wollen und hilft uns, unseren inneren Geist zu befreien. Sie ist für viele ein persönlicher Therapeut. Man muss über nichts reden, sondern nur die Augen schließen und zuhören. Musik beeinflusst zweifellos unsere Emotionen. Wir neigen dazu, Musik zu hören, die unsere innere Stimmung widerspiegelt. Wenn wir glücklich sind, hören wir beschwingte Pop-Songs, wenn wir traurig sind, hören wir langsame, bewegende Balladen. Sind wir jedoch wütend, können wir dunklere Musik mit E-Gitarren und Schlagzeug-Sounds hören, die unserem Grad an Wut gerecht werden.

Musik gegen Depressionen

Angesichts dieser starken Verbindung, die wir zur Musik haben, ist es wahrscheinlich nicht verwunderlich, dass zahlreiche Studien zeigen, wie sie unsere psychische und mentale Gesundheit positiv beeinflusst. Eine Studie von Forschern der McGill University in Kanada aus dem Jahr 2011 ergab, dass das Hören von Musik den Dopamin-Gehalt im Gehirn erhöht – eine stimmungsmachende Substanz, die es dadurch zu einer praktikablen Behandlung bei Depressionspatienten macht.

Bei einer Studie der Queen‘s University in Belfast wurden zwei Gruppen von Kindern und Jugendlichen verglichen, die an Depressionen litten. Während die eine Gruppe eine konventionelle therapeutische Behandlung erhielt, wurde bei der anderen zusätzlich die Musiktherapie angewandt. Die Ergebnisse zeigten bei denjenigen, die mit Musik therapiert wurden, eine Reduktion der depressiven Symptome und ein gesteigertes Selbstbewusstsein. Zudem steigerte sich die Kommunikation und die sozialen Fähigkeiten. Aber zunehmend stellen die Forscher fest, dass der gesundheitliche Nutzen von Musik über die psychische und mentale Gesundheit hinausgeht. Immer mehr Experten fordern, dass die Musiktherapie stärker in das Gesundheitswesen integriert wird.

Aus diesem Grund werfen wir einen genaueren Blick auf einige der potenziellen Vorteile von Musik als Therapie und untersuchen, ob die Musik unter bestimmten Bedingungen dazu genutzt werden kann, bestehende Behandlungsstrategien zu verbessern oder sogar zu ersetzen.

Ängste und Schmerzen lindern

„One good thing about music, when it hits you feel no pain.“ Dieses Zitat von Bob Marley ist laut einigen Studien gar nicht so weit hergeholt.

Im März 2014 fanden dänische Forscher heraus, dass Musik für Patienten mit Fibromyalgie von Vorteil sein kann – eine Muskelerkrankung, die Gelenkschmerzen und Müdigkeit hervorruft. Durch das Hören von ruhiger und entspannter Musik wurden, laut 22 Patienten, die Schmerzen gelindert und die funktionelle Mobilität erhöht. Aber wie kann Musik überhaupt Schmerzen lindern?

Die genauen Mechanismen sind unklar, jedoch glauben viele Forscher, dass ein Grund darin liegt, dass das Hören von Musik die Freisetzung von Opioiden im Gehirn – die natürlichen Schmerzmittel des Körpers – auslöst.

Effektiv gegen Stress

Wir kennen es alle. Ein langer, anstrengender Tag neigt sich dem Ende zu und man fährt gestresst nach Hause. Plötzlich läuft dein Lieblingswsong im Radio und du fühlst dich auf einmal viel besser – und es gibt zahlreiche Studien, die diesen Effekt unterstützen.

Nach der Ansicht von einigen Forschern kann Musik helfen, Stress abzubauen, indem sie den Cortisolspiegel des Körpers senkt – das Hormon, das als Reaktion auf Stress freigesetzt wird. Die Studie von Dr. Levitin und Kollegen aus dem Jahr 2013 legt jedoch auch nahe, dass dieser stressreduzierende Effekt davon abhängt, welche Art von Musik man hört. Wobei entspannende Musik am ehesten den Cortisolspiegel senken würde, und nicht etwa Heavy Metal oder Rap. Ein weiterer Mechanismus, mit dem das Musik hören Stress abbauen kann, ist die Wirkung auf den Puls, die Herzfrequenz, den Blutdruck und die Körpertemperatur. Auch hier ist wieder die Wirkung stark abhängig von der Art der Musik.

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass uns die Musik emotional sehr bewegen kann. Aber es ist auch bemerkenswert, dass sie als Heilmittel gegen zahlreiche Krankheiten hilft. Allen voran Paul, der durch die Musiktherapie wieder Kraft zum Aufstehen und Leben bekam.

Die erste Stunde in der Musiktherapie machte mir Mut. Dadurch konnte ich mir meinen eigenen Lichtblick am Morgen schaffen. Er heißt Musik, genauer gesagt: John Mayer. Seitdem ich mich mehr mit seiner Musik beschäftige, geht es mir besser und ich komme leichter aus dem Bett. Das Schöne daran ist, dass ich nun etwas habe, dass mir niemand nehmen kann. Ich brauch es, um nicht zu vergessen, dass es noch Orte gibt, die nicht aus Stein sind. In meinem Inneren etwas ist, dass nur mir gehört.

„One good thing about music, when it hits you, you feel no pain."
– Bob Marley –

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